C D s
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NEUES AUS
DER MUSIKWELT
POP
Ed Sheeran
X
Warnet Music UK
CD
(auch al s LP erhältlich) (
51
’)
Dem Additionszeichen „+“ folgt mit
„x“ nun also das zur Multiplika-
tion. Ein treffender Titel fürs starke
zweite Album, denn mit Hilfe von
Topproduzenten wie Rick Rubin und
Pharrell Williams hat Ed Sheeran
die Ausdrucksmöglichkeiten tat-
sächlich vervielfacht. Das Stil- und
Soundspektrum erstreckt sich hier
von Rap und Neosoul über den
gewohnten Akustikpop bis zu R&B
a la Justin Timberlake. Emotional
aufrichtig erzählt der Jungstar dazu
von einer Drogeneskapade auf Ibiza
(„Bloodstream“), vom Fremdgehen
seiner Ex-Freundin („Don’t“) und
dem Tod des geliebten Opas an
Weihnachten im letzten Jahr („Afire
Love“).
hake
MUSIK ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
Loudon W a in w rig h t III
‘-idlili
HAVEN’ T GOT THE BLUES (YET)
Proper/Rough Trade CD
(
48
’)
Selbsterlebtes und Selbstbeob-
achtetes, auch im peinlichsten Fall
ohne Verlegenheit preiszugeben,
steht seit jeher im Zentrum seines
Songschaffens, und auch auf dem
brauchbaren
23
. Studioalbum singt
Wainwright offen von den Dingen,
die ihn momentan bewegen. So
berichtet der
69
-Jährige etwa in
„Brand New Dance“ zum „antiken“
Rock & Roll vom körperlichen Ver-
fall im Alter, und im sardonischen
Folkjazz-Titel „I’ll Be Killing You
This Christmas“ geht’s um seine
Betroffenheit nach dem Amoklauf
in Newtown
2012
. Ein sehr persön-
licher Liederreigen mit Gästen wie
Aoife O’Donovan und Tony Trischka.
hake
MUSIK ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★
Robyn Hitchcock
THE MAN UPSTAIRS
YepRoc/Cargo CD
(
38
')
Auch als LP erhältlich
Näher bei Nick Drake (oder Da-
mien Rice) war Robyn Hitchcock
nie: Der Meister des psychede-
lischen Pop-Songs hat eigenen
neuen Kompositionen, aber auch
Vorlagen von Doors („The Crystal
Ship“) oder Psychedelic Furs („The
Ghost In You“) konsequent eine
neue Folk-Substanz injiziert. Dazu
überredete ihn Joe Boyd, der das
hinreißend produzierte. Kongenial
begleitet wurde er von Cello, Klavier
und einer wunderbar harmonieren-
den Anne Lise Frokedal, die unter
anderem „Trouble In Your Blood“
zu einem ganz fein geschliffenen
Juwel in seiner umfangreichen
Song-Schatulle machten.
F. Sch.
MUSIK ★ ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★ ★ ____________
Linkin Park
THE HUNTING PARTY
Warner CD
(auch als LP erhältlich)
(
45
’)
Stellt man „A Thousand Suns“ von
2010
neben „The Hunting Party“,
kann man kaum glauben, dass bei-
de Einspielungen von derselben
Gruppe stammen. Hatten Linkin
Park auf dem prätentiösen vierten
Longplay in seelenlosen Elektro-
nik-Settings ihren musikalischen
Tiefpunkt erreicht, so kehren sie
jetzt, zwei Alben später, zur super-
lauten Aggression der frühen Jahre
zurück. Wie befreit verknüpfen sie
Kreischgitarren, martialische Knüp-
pelrhythmen und Rap zum jugend-
lich tönenden Alternative Metal.
Gäste wie Daron Malakian (System
Of A Down) und Page Hamilton (Hel-
met) haben die Verjüngungsmission
mitangeschoben.
hake
MUSIK
★
★
KLANG
★
★
Puss N Boots
NO FOOLS, NO FUN
Blue Note CD
(auch als LP geplant)
(
43
’)
Norah Jones hat sich mit Sasha
Dobson und Catherine Popper
(am Bass unter anderen für Ryan
Adams) zu einem Trio zusammen-
getan, das neben ein paar eigenen
Songs handverlesene aus Folk und
Country vorträgt. Aber ihr im We-
sentlichen nur aus der Zeile „You
don’t know what it means to be“
bestehender Rockabilly-Song ist
der einzige bemerkenswerte aus
eigener Feder. Die Coverversionen
(etwa von Tom Paxton, Robbie Ro-
bertson, Rodney Crowell und Neil
Young) sind bestenfalls nett ge-,
öfter ehrenwert misslungen wie die
von „Down By The River“. Keine
Konkurrenz für die Pistol Annies!
F. Sch.
MUSIK ★ ★ *-★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★ ★ ^ ^ ^ ^
Nur teils gelungen: das neue
Projekt von Norah Jones (Mitte)
Das DR-Logo gibt den Dynamikumfang des Tonträgers an. Nähere Infos unter www.stereo.de
M ichel van Dyke
DOPPELLEBEN
Warnet CD
(V.Ö
.:
29
.
8
.)
M C H E L
gomuMi
Zehn Jahre sind seit dem letzten So-
loalbum „Bossa Nova“ ins Land ge-
gangen, und auch wenn sein Name
in der Medienwelt seither vielleicht
nicht mehr ganz so oft fiel, auf der
faulen Haut lag Michel van Dyke
in der Zwischenzeit ganz gewiss
nicht. Er arbeitete für Ex-Blümchen
Jasmin Wagner, Thomas Godoj,
Fury in the Slaughterhouse und
Patrick Nuo als Komponist, Texter
und Produzent, und er sammelte
im Trio Ruben Cossani Erfahrun-
gen als Bandmitglied. Wenn der
Wahlhamburger niederländischer
Herkunft nun wieder ein Album un-
ter eigenem Namen veröffentlicht,
dann ist man geneigt, dessen Titel
„Doppelleben“ auf seine Zweiglei-
sigkeit als Solist und Hitlieferant
für andere zu beziehen, er selbst
will ihn hingegen als „Plädoyer
wider die Eindimensionalität“ ver-
standen wissen.
Beim
53
-jährigen Multitalent
von der Hanse kann von Eindimen-
sionalität freilich keine Rede sein,
auf dem von Swen Meyer (Tim
Bendzko) koproduzierten CD-Opus
lebt er in liebevoll-detailreich in-
szenierten Songs sämtliche Seiten
seiner Künstlerpersönlichkeit aus.
Van Dyke singt in der großartigen
Chanson-Eröffnung „Ging in die
Welt hinaus“ wortgewandt vom
Kater nach einer durchzechten
Nacht samt fehlgeschlagenem
One-Night-Stand; er klagt in der
Groove-Nummer „Ich bin schuld“
zu wilden Trommeln und fetzigen
Bläsern a la Peter Fox höchst
amüsant über das permanente
Gefühl, für alle Katastrophen auf
der Welt verantwortlich zu sein;
und er analysiert in der schönen
Breitwand-Ballade
„Beklagen“
anschaulich, wie im Einerlei des
Alltags unsere Träume peu a peu
verschüttgehen.
Niveauvoller Deutschpop, wie
man ihn so facettenreich schon
lange nicht mehr gehört hat.
Harald Kepler
MUSIK
KLANG
STEREO 9/2014 119